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Liebeskummer schmeckt nicht nur bitter

Früh liebt sich

Meinen ersten Liebeskummer hatte ich mit 5. Er dauerte 20 Minuten und brachte mir Himbeereis und einen Zoobesuch mit meiner Mutter. Beim Elefantenhaus war das Eis gegessen und er aus meinen Gedanken verschwunden.
Mit 12 war ich ziemlich verschossen in meinen Mitschüler Tom. Wir trafen uns im Park und küssten uns für eine Sekunde hinter einer Pappel. Er fand Steffi dann doch besser. Sie hatte blonde Locken, spielte Angelo Branduardi auf der Gitarre und war die Klassensprecherin. Der Liebeskummer dauerte etwas länger, aber zum Glück gab’s Yps-Hefte. Ich vergrub mich abends im Bett in die Brieffreunde-Rubrik und malte mir wilde Bilder von Rainer aus Mönchengladbach. Geschrieben hab ich ihm nie, aber meine Phantasie wirkte Wunder gegen den Herzschmerz.

Knallgelbe Vespa

Mit 16 war ich unglücklich verliebt in Peter. Er war der coolste Typ in der Klasse, saß in der letzten Bank und kam mit der Vespa zur Schule. Alle Mädchen klebten an seinen Lippen und an seiner knallgelben Piaggio. Er fand sich unwiderstehlich. Was mich nicht davon abhielt, mich in sein Gefolge mehr oder weniger unglücklicher Bewunderinnen einzureihen. Nachts hörte ich Bowie und stellte mir vor, wie Peter auf der Bühne einen Song nur für mich ins Mikro hauchte.

Bittersüßes Vergnügen

Was mir dämmerte, es hatte was, dieses Unglücklichverliebtsein. Zwar war da nichts mit Händchenhalten, verliebt im Gras liegen, geschweige denn barfuß durch Paris laufen. Aber ich hatte ein Objekt der Begierde, in das ich munter all das hineininterpretieren konnte, das mir schon Goethe in Mignon versprochen hatte. Mein Hausaufgabenheft hatte einen Namen und darin lag ein Bild von ihm. Ein Gefühl mit bittersüßer Note und ich konnte nicht anders als darin zu baden.

Droge Dopamin

Kein Wunder, denn Verliebtseins wirkt wie eine Droge. Meine Droge hieß Peter und ich war völlig stoned. Drogen, weiß man, machen süchtig. Im Gehirn toben die Hormone und werfen alles gründlich durcheinander. Allen voran das Dopamin, besser bekannt als die körpereigene Liebesdroge. Sie verhindert, dass wir uns kaum auf etwas anderes konzentrieren als auf das geliebte Objekt. In meinem Kopf war nicht mehr Mathe und Englisch sondern Peter. Meine Noten sanken um zwei Punkte und meine Kleider um zwei Größen. Überall sah ich gelbe Roller, hörte seine Musik, interessierte mich plötzlich für Fußball und lag stundenlang im Bett, starrte an die Decke oder schrieb triefende Liebesbriefe in mein Tagebuch.

Wenig Seretonin – viel Eifersucht

Gleichzeitig war ich rasend eifersüchtig auf die Mädchen, mit denen er in der großen Pause neben dem gelben Roller stand. Denn Dopamin ist die nur eine Seite der Verliebtheit. Gleichzeitig nämlich sinkt mit zunehmendem Liebesrausch der Spiegel an Serotonin, dem Glücksbotenstoff. Ein erstaunliches Phänomen, denn einen niedrigen Serotoninspiegel stellt man auch bei zwanghaften, depressiven oder sehr ängstlichen Menschen fest. Beim Liebesrausch sorgt er für Verlustangst und mehr oder weniger ausgeprägte Eifersucht.

Broken-Heart-Syndrom

Verliebtheit, egal ob unglücklich oder glücklich, macht also biochemisch etwas mit uns. Was da passiert, ähnelt, wie Wissenschaftler festgestellt haben, dem Zustand einer psychischen Erkrankung. Unglücklich Verliebte, schlimmer noch Verlassene können regelrecht liebeskrank werden. Borken-Heart-Syndrom nennt man diese Durchblutungsstörung des Herzens. Was nach einem Song von Dieter Bohlen klingt, ist eine ernstzunehmende Erkrankung. Beobachtet hat man sie vor allem bei Menschen in außergewöhnlichen Stresssituationen, wie zum Beispiel nach einer Trennung oder beim Tod des Ehepartners. Das EGK zeigt dann Symptome eines Herzinfarktes. Meist erholt sich das Herz schnell. Manchmal jedoch kann ein Mensch sogar an einem gebrochenen Herzen sterben.

Rote Ente

Peter war für mich irgendwann Geschichte. Er fuhr mit Sonja auf der gelben Piaggio davon. Unsterblich verliebt hab ich mich mit 19 in Klaus und er sich in mich. Er war 23, fuhr eine rote Ente mit Faltdach, studierte Philo und war einer von denen, mit dem man bis in die tiefe Nacht über Nietzsche diskutieren konnte. Wieder war ich high, wieder las ich Mignon und an Mathe war in den ersten Monaten nicht zu denken. Statt dessen hielten wir Händchen, aßen wir Himbeereis bis zum Elefantenhaus. Und er schrieb ein Lied für mich, nicht fürs Mikro, aber fürs Klavier. Alles nur Hormone?

Mein Buchtipp: Bas Kast hat ein wunderbares und leicht lesbares Buch geschrieben über die Liebe: „DIE LIEBE UND WIE SICH LEIDENSCHAFT ERKLÄRT“, Fischer Verlag

LIES DAZU IM BLOG:  Sieben Tipps gegen Liebeskummer

Gerde frisch getrennt tut Liebeskummer besonders weh. Traurig sein ist ganz normal und es dauert eine Weile, bis man über den Berg ist. Bis dahin gibt's hier ein paar wirksame Tipps, die helfen die erste Zeit zu überstehen.

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